Kein Werk der angewandten Kunst BGH: Kein Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen

Mit Urteil vom 20. Februar 2025 (Az. I ZR 16/24) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die ikonischen Birkenstock-Sandalen keinen Schutz als Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhGgenießen. Damit bleibt es beim zeitlich beschränkten Schutz über das Designrecht – ein Dämpfer für Unternehmen, die mit dem Urheberrecht strategisch gegen Nachahmer vorgehen wollen.

Hintergrund des Verfahrens

Nach dem Auslaufen des Designschutzes für bestimmte Modelle suchte Birkenstock nach alternativen Schutzmöglichkeiten. Vier Modelle wurden zur Prüfung auf urheberrechtliche Schutzfähigkeit vorgelegt. Zur Begründung führte das Unternehmen an, die gestalterische Kombination aus Schnallen, Materialien und Riemenführung mache die Sandalen zu einem Werk der angewandten Kunst mit hinreichender Gestaltungshöhe.

Rechtlicher Rahmen

  • § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG schützt auch Werke der angewandten Kunst, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfungdarstellen (§ 2 Abs. 2 UrhG).
  • Die Rechtsprechung verlangt hierfür eine eigenschöpferische Gestaltung, die sich deutlich vom Alltäglichen und Handwerklichen abhebt.
  • Im Unterschied zum Designschutz (DesignG), der bei Eintragung max. 25 Jahre gilt (§ 27 DesignG), besteht Urheberrecht automatisch und bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG).

Die Entscheidung des BGH

Der BGH verneinte eine urheberrechtlich relevante Gestaltungshöhe. Die Gestaltung der Sandalen sei überwiegend durch  funktionale Anforderungen  geprägt. Die Richter führten aus, dass bei Gebrauchsgegenständen – anders als bei reinen Kunstwerken – der kreative Spielraum häufig durch technische Notwendigkeiten begrenzt sei. Eine individuelle künstlerische Leistung im Sinne des Urheberrechts sei daher nicht erkennbar.

Praktische Bedeutung

Das Urteil bestätigt die hohe Hürde für Urheberrechtsschutz bei Gebrauchsgegenständen. Während Ausnahmen wie bestimmte Bauhaus-Möbel oder ikonische Fahrzeugdesigns (z. B. Porsche 911) weiterhin als schützenswert gelten, bleibt der Schutz von Alltagsprodukten auf klassische Schutzrechte wie das Designrecht oder gegebenenfalls das Wettbewerbsrecht ( § 4 Nr. 3 UWG ) beschränkt.

Fazit

Mit dem Urteil stärkt der BGH die  Rechtssicherheit im Markt für Designprodukte, indem er den urheberrechtlichen Schutz auf besonders kreative Leistungen beschränkt. Für Unternehmen bedeutet das: Wer seine Produkte langfristig vor Nachahmungen schützen will, muss frühzeitig auf eine Kombination klassischer Schutzrechte (Design, Marke, ggf. Wettbewerbsrecht) setzen – das Urheberrecht bleibt in vielen Fällen der falsche Hebel.

Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2025 – I ZR 16/24


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
13. Juni 2025

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