Verbraucherwiderruf Widerrufsrecht beim Kauf eines konfigurierten Notebooks?

Ein Verbraucher hat über eine Onlineplattform ein Notebook aus Standardoptionen konfiguriert und zusammenbauen lassen. Nach Erhalt des Notebooks war der Käufer jedoch unzufrieden und widerrief den Vertragsschluss. Der Onlinehändler verweigerte jedoch die Rückzahlung, da es sich seines Erachtens um eine Maßanfertigung handele. Zu Recht?

Sachverhalt

Bei einer Onlinehändlerin hatte Herr V ein Apple Macbook Pro zum Preis von 7.049 Euro bestellt. Auf der Angebotsseite hatte er „persönliche Konfiguration“ gewählt und sich aus vorgegebenen Komponenten das leistungsstärkste Notebook zusammengestellt. Trotzdem war der Kunde mit dem Gerät unzufrieden. Er sandte es originalverpackt und versichert zurück und widerrief den Kauf. 

Die Verkäuferin lehnt es jedoch ab ab, das Geschäft rückgängig zu machen. Sind die einzelnen Bestandteile im Macbook einmal fest verbaut, könnten sie nicht problemlos wieder getrennt werden. Dementsprechend handele es sich um eine Maßanfertigung, für die das Verbraucherwiderrufsrecht nicht gelte.

Der Verbraucher verlangte anschließend vor Gericht die Rückzahlung des Kaufpreises.

Widerrufsrecht

Verbrauchern steht bei sogenannten Fernabsatzverträgen gem. § 312g BGB grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Allerdings besteht kein Widerrufsrecht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind (§ 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB). Schwierig sind dabei solche Fälle, in denen dem Verbraucher Gestaltungsmöglichkeiten angeboten werden, aus denen er auswählen kann. Schlussendlich kommt es auf eine Wertungsfrage nach dem Grad der Individualisierung an. Maßgeblich ist dabei, ob die Ware nach der Rücknahme aufgrund der Individualisierung nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten an andere Kunden absetzbar wäre.

Entscheidung des OLG Brandenburg

Das Landgericht sah in dem Notebook eine Individualanfertigung und wies die Klage des Verbrauchers auf Rückzahlung des Kaufpreises ab. Doch das Oberlandesgericht Brandenburg war anderer Meinung und hielt den Widerruf für wirksam.

Das Gerät sei aus serienmäßig produzierten, vorgegebenen Standardoptionen konfiguriert und zusammengebaut worden. Das stelle keine Maßanfertigung des Produkts nach individuellen Vorgaben des Käufers dar – obwohl er die Wahl zwischen unterschiedlichen Versionen der Komponenten (Prozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte, Festplatte) gehabt habe. Wähle der Kunde aus einem begrenzten, vorgegebenen Angebot an Komponenten, werde das Notebook dadurch nicht zu einer individuellen Fertigung.

Das Gerät werde vielmehr serienmäßig in einer bestimmten Bauart hergestellt. Der Verkäufer stelle unterschiedliche Varianten zur Auswahl, davon könne der Käufer nicht abweichen. Wenn die Zahl der Optionen begrenzt sei, bestehe für den Händler auch kein großes Absatzrisiko, wie das z.B. bei maßgefertigten Textilien oder Möbeln der Fall sei. Man könne dem Computerhändler daher das überschaubare Risiko aufbürden, dass das konkrete Notebook zum Ladenhüter werde. Er müsse den Kaufpreis erstatten. (Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.)

Quelle: Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 16.07.2024 – 7 U 133/23


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
30. September 2024

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